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Auch dem Postboten geht das Retournieren gegen den Strich

4. Januar 2020. Ein nasskalter Tag, Matsch klebt an den Schuhen. Der Stimmung beim Glückskäfer, meiner Lieblingspoststation in Berlin-Schöneberg, tut das keinen Abbruch. Seine Inhaber machen ihn auch heute zu dem freundlichen Ort, dessentwegen man ihn jedem Postamt vorzieht, selbst wenn es einen nicht nach Zigaretten, Zeitschriften, Sesamkränzen, belegten Brötchen oder Filterkaffee gelüstet. Glückskäfer, fürwahr ein passender Name. Und wenn man noch dazu die Steuerunterlagen endlich absenden kann, doppelt passend – egal bei welchem Wetter.

Aber offenbar nicht für jeden. »Verdammt!« flucht ein junger Mann in DHL-Uniform. »Sage und schreibe 211 Pakete habe ich heute schon abgeholt … in nur einer Stunde!« Ich drehe mich um. »Sind das etwa alles Retouren?« frage ich. »Ja, lauter Retouren. Lauter Retouren«, stöhnt er, während er die Pakete aus dem Laden karrt. »Die meisten von Zalando und Amazon!« Seine Sackkarre ist übervoll, immer wieder purzeln einige Pakete herunter. Ich trage ihm ein längliches Amazonpaket in seinen DHL-Wagen hinterher. »Ob ich ihn und seine Pakete vielleicht fotografieren dürfe«, frage ich, »für unser Retourenrettungsprojekt?« »Retourenrettungsprojekt???« Ich kläre ihn ein wenig auf. »Ach so, ja dann,« sagt er. »Sehr gerne, wenn Sie damit etwas gegen diesen Wahnsinn ausrichten können. Sehen sie her, das ganze Auto ist schon voll. 211 Pakete in nur einer Stunde! Wo soll das noch hinführen? … Sie können mich übrigens ruhig mit ins Bild nehmen.«

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Letztendlich doch für uns beide eine glückliche Begegnung, dachte ich. Nicht nur ich, auch der Postbote hat etwas gegen Retouren! Aber warum? Schließlich sind Pakete doch sein Geschäft. Ein ziemlich mieses, ganz offensichtlich. Eines, das seinen Stundenlohn drückt und seinen Stresspegel erhöht. Ja, nicht nur die Atmosphäre und die Ressourcen stöhnen unter den Retouren; auch die Humanressourcen tun es, wie der Postbote von seinem Arbeitgeber wahrscheinlich bezeichnet wird. Vielleicht denkst du daran, wenn dir das nächste Mal etwas nicht gefällt.